Entdeckerecke – TEIL 3

Wertschöpfungs-
kette von Wasserstoff

Die Wertschöpfungskette von Wasserstoff beschreibt den Weg von der Herstellung bis zur Anwendung, sie umfasst Erzeugung, Speicherung, Transport und Nutzung.

Das sinnvolle Zusammenspiel dieser Schritte macht Wasserstoff als Energieträger im großen Maßstab praktikabel und wirtschaftlich einsetzbar.

Wasserstofferzeugung

Bei der Erzeugung von Wasserstoff geht es darum, Wasserstoff aus unterschiedlichen Ausgangsstoffen bereitzustellen – je nach Verfahren mit sehr unterschiedlicher Klimabilanz. Zu den wichtigsten Technologien zählen Elektrolyse, Pyrolyse und Dampfreformierung: 

Bei der Elektrolyse wird Wasser mithilfe von elektrischem Strom in Wasserstoff und Sauerstoff gespalten (besonders klimafreundlich, wenn der Strom aus erneuerbaren Quellen stammt). Die Pyrolyse spaltet Kohlenwasserstoffe wie Methan bei hohen Temperaturen in Wasserstoff und festen Kohlenstoff, wodurch potenziell weniger CO2 entsteht, sofern der Kohlenstoff dauerhaft gebunden wird. Die Dampfreformierung ist heute das am häufigsten eingesetzte Verfahren: Dabei wird Erdgas mit Wasserdampf zu Wasserstoff umgewandelt, allerdings fallen ohne CO2-Abscheidung und -Speicherung vergleichsweise hohe Emissionen an.

Elektrolyse

Bei der Elektrolyse wird Wasser (H2O) mit Elektrizität in Wasserstoff (H2) und Sauerstoff (O2) gespalten. Da in Wasser zwei H-Atome und ein O-Atom enthalten sind, erhält man doppelt so viel Wasserstoff, wie Sauerstoff. Die Klimabilanz des so erzeugten Wasserstoffs ist abhängig von der Stromquelle.

Elektrolyseure in großem Maßstab sind als Technologie noch jung und werden stetig weiterentwickelt. Die Technologien sind marktreif, werden an vielen Stellen aber noch optimiert, um die Kosten des entstandenen Wasserstoffs zu senken.

Es gibt verschiedene Varianten der Elektrolyse, die sich im Aufbau und Betrieb unterscheiden:

Alkalische Elektrolyse
(AEL)

  • Elektrolyt: Kalilauge (KOH, flüssig)
  • Trennung durch durchlässige Membran (Diaphragma)
  • Ausgereifte, kostengünstige Technologie
  • Wirkungsgrad: ca. 60-70 %
  • Lebensdauer: bis 90.000 Betriebsstunden
  • Betriebstemperatur: 70-90 °C

Protonen-Austausch-Membran (PEM)

  • Elektrolyt = Membran: feste, gasdichte Kunststoffmembran
  • Nur Protonen (H⁺) passieren die Membran
  • Saurer Betrieb macht teure Edelmetall-Katalysatoren nötig
  • Sehr schnelles Lastwechselverhalten, ideal für erneuerbare Energien (fluktuierende Stromzufuhr)
  • Wirkungsgrad: ca. 60-70 %
  • Lebensdauer: bis 90.000 h Betriebsstunden
  • Betriebstemperatur: 50-80 °C

Anionen-Austauschmembran (AEM)

  • Elektrolyt: schwache Kalilauge (nur auf Anodenseite)
  • Membran: spezielle Anionenaustauschmembran
  • OH⁻-Ionen passieren die Membran
  • Druckunterschied zwischen Gasen
  • Hohe Wasserstoffreinheit 99,9 %
  • Wirkungsgrad: ca. 60-70 %
  • Lebensdauer: bis 35.000 h
  • Betriebstemperatur: 40-60 °C

Bei der Methanpyrolyse wird Methan (z. B. aus Erdgas oder perspektivisch auch aus Biogas) ohne Sauerstoffzufuhr bei hohen Temperaturen thermisch in Wasserstoff und festen Kohlenstoff gespalten. Der dabei erzeugte Wasserstoff wird häufig als „türkiser“ Wasserstoff bezeichnet. Im Unterschied zu anderen Verfahren entsteht kein CO2 als Reaktionsprodukt – der Kohlenstoff fällt in fester Form an und kann je nach Qualität industriell genutzt (z. B. als Rohstoff in Werkstoffen, Gummi-/Kunststoffanwendungen oder als Füllstoff) oder dauerhaft gespeichert werden, etwa durch sichere Deponierung.

Die Bedeutung des Verfahrens liegt vor allem darin, dass es einen potenziell klimafreundlichen Brückenweg zur Wasserstoffbereitstellung bieten kann: Pyrolyse verbindet die vergleichsweise hohe Energiedichte und Verfügbarkeit von Methan mit dem Vorteil, dass der Kohlenstoff nicht als CO₂ in die Atmosphäre gelangt.

Wie nachhaltig Methanpyrolyse tatsächlich ist, hängt stark von den Rahmenbedingungen ab, insbesondere von der Energiequelle für die Prozesswärme (idealerweise erneuerbar), möglichen Methanemissionen entlang der Lieferkette und auch davon, ob der feste Kohlenstoff dauerhaft gebunden oder sinnvoll verwertet wird. 

Die Dampfreformierung (Steam Methane Reforming, SMR) ist weltweit derzeit das am häufigsten genutzte Verfahren zur Wasserstoffproduktion. Dabei wird meist Erdgas (Methan) mit Wasserdampf bei hohen Temperaturen zu einem wasserstoffreichen Gasgemisch umgewandelt. In der Aufbereitung wird der Wasserstoff abgetrennt, als Nebenprodukt entsteht CO2. Das Verfahren ist daher ohne Zusatzmaßnahmen emissionsintensiv und insgesamt energieaufwendig, weil hohe Prozesswärme und Gasaufbereitung nötig sind.

Seine Bedeutung liegt vor allem in der Praxis: SMR ist technisch ausgereift, auch in großen Anlagen nutzbar und vergleichsweise kostengünstig. Durch Dampfreformationen wird daher heute der Großteil des industriellen Wasserstoffs bereitstellt (z. B. für Chemie und Raffinerien). Weniger Emissionsintensiv kann es durch CO2-Abscheidung und -Speicherung (CCS) („blauer“ Wasserstoff) oder durch den Einsatz biogener Gase werden. Dabei ist zu beachten, dass insbesondere CCS zusätzliche Energie benötigt und dadurch Kosten und Aufwand steigen.

Wasserstoffspeicherung

Wasserstoff lässt sich auf verschiedene Arten speichern. Wasserstoff ist sehr leicht und hat eine hohe Energiedichte auf das Gewicht bezogen. Auf das Volumen hingegen ist die Energiedichte sehr klein. Um den Speicherprozess effizienter zu gestalten, kann das Volumen über höhere Drücke oder Verflüssigung reduziert werden.

Druckgasspeicherung

Wasserstoff wird in speziellen Behältern aus Stahl, Kohlenstoff oder Verbundwerkstoffen unter hohem Druck (200 – 900 bar) gelagert. Insbesondere 700-bar-Tanks sind in der Automobilindustrie verbreitet, um ähnliche Reichweiten zu herkömmlichen Autos zu erzielen. Diese Methode wird auch für Lkws, in der Industrie und an Wasserstofftankstellen eingesetzt.

Eine weitere Speicherlösung ist die Verflüssigung von Wasserstoff. Dabei wird er auf Temperaturen von rund -253 °C abgekühlt, was eine sehr hohe Speicherdichte ermöglicht. Diese Methode erfordert viel Energie und ist durch Verdampfungsverluste herausfordernd. Dieser sogenannte Boil-off beschreibr den unvermeidbaren Verlust von Wasserstoffgas aus einem Flüssigwasserstofftank, da ein Teil der Flüssigkeit durch eindringende Wärme verdampft. Aufgrund dieser Nachteile kommt Flüssigwasserstoff vor allem bei großen, stationären Speichern zum Einsatz, zum Beispiel zur Versorgung von Wasserstofftankstellen. Bei genügend hohem Durchsatz kommt diese Methode auch für den Schwerlastverkehr infrage.

Für die langfristige Speicherung großer Mengen Wasserstoff eignen sich unterirdische Kavernen, vor allem in Salzgestein. Sie ermöglichen es, Wasserstoff über mehrere Monate zu lagern, ähnlich wie bei Erdgas. Die enorme Größe dieser Kavernen erlaubt es auch bei geringem Druck ausreichend Wasserstoffgas zu speichern. Mit dem geplanten Ausbau des Wasserstoffnetzes bieten Kavernen eine wichtige Möglichkeit für die überregionale saisonale Speicherung.

Es handelt es sich um ehemalige Erdgas- oder Erdöllagerstätten. Diese haben das größte theoretische Volumen. Der Wasserstoff muss hier mit hohem Druck eingebracht werden, fließt jedoch nur langsam wieder heraus. Sie eignen sich besonders zum Ausgleich langfristiger Bedarfsschwankungen.

Diese Methoden reichen von der Speicherung von Wasserstoff als Methangas oder Ammoniak und werden hauptsächlich für den Transport über lange Strecken (z. B. interkontinentaler Transport in Schiffen) in Betracht gezogen. Die Umwandlung von Wasserstoff in andere Stoffe benötigt Energie und verringert damit die Gesamteffizienz. Zudem gibt es chemische Speicher, die sich noch in der Entwicklung befinden, wie die Speicherung von Wasserstoff über modifizierte poröse Eisenkugeln oder in Zeolithen oder Metallhydriden. Diese Prozesse sind oft äußerst Komplex und kommen zum jetzigen Zeitpunkt hauptsächlich für Nischenanwendungen infrage, werden jedoch kontinuierlich weiterentwickelt.

Transport von Wasserstoff

Der Transport von Wasserstoff ist ein entscheidender Baustein für seine Nutzung als sauberer Energieträger. Je nach Bedarf, Entfernung und Einsatzbereich kommen verschiedene Transportlösungen zum Einsatz: Wasserstoff kann gasförmig unter hohem Druck, verflüssigt bei sehr niedrigen Temperaturen oder chemisch gebunden in Trägermaterialien transportiert werden. Jede Methode hat ihre eigenen Vorteile und Anforderungen und ist für unterschiedliche Szenarien optimiert; von der Versorgung einzelner Industrieanlagen über regionale Netze bis hin zu internationalen Transporten. So lässt sich Wasserstoff flexibel und effizient dorthin bringen, wo er gebraucht wird.

Gasförmiger Wasserstoff (GH2) – Transport mittels Trailer und LKW

Wasserstoff wird stark komprimiert (z. B. bis 200–700 bar) und in Druckbehältern per Trailer oder Flaschen transportiert, geeignet für kurze bis mittlere Distanzen, etwa zur flexiblen Verteilung auf einem Werksgelände oder zum regionalen Transport auf der Straße. Durch die benötigten schweren Tanks ist GH2 für lange Strecken weniger geeignet, da die Energiedichte niedrig ist: Viel Platz und Gewicht für vergleichsweise wenig Wasserstoff.

Wasserstoff wird auf ca. −253 °C heruntergekühlt, er verflüssigt sich dann und kann in kryogenen, gut isolierten Tanks per Lkw, Schiff oder Bahn transportiert.

LH2 hat eine höhere Energiedichte als GH2 und eignet sich besser für größere Mengen und mittelere (300-400km) Distanzen mittels Tanklastwagen. Interkontinentale Transporte per Schiff sind ebenfalls möglich. Verflüssigung und Kühlung kosten jedoch viel Energie und es kann zu Verdampfungsverlusten („Boil-off“) kommen.

Wasserstoff wird als Gas über Rohrleitungen kontinuierlich von der Erzeugung zu Verbrauchern transportiert, er muss dazu nicht umgewandelt werden.

Pipelines sind bei großen und dauerhaft benötigten Mengen oft die günstigste und effizienteste Transportlösung. Sie lohnen sich vor allem dort, wo Produktion und Abnahme langfristig gesichert sind und flexible Transportwege nicht notwendig sind. 

In Deutschland entsteht ein Wasserstoffkernnetz mit rund 9000 km Länge bis 2032, das Importkorridore und Industriezentren verbindet. Etwa 60 % der Leitungen stammen aus dem bestehenden Erdgasnetz. Der europaweite Ausbau von Wasserstoff-Pipelines ist geplant, ebenfalls häufig durch die Umrüstung bestehender Erdgasleitungen. 

Wasserstoff wird chemisch an andere Substanzen gebunden, etwa Metallhydride, Ammoniak, Methanol, Zeolithe oder Eisenkügelchen. In dieser Form lässt sich Wasserstoff oft einfacher lagern und verschiffen. Am Zielort wird er wieder freigesetzt (Cracking/Dehydrierung) oder direkt genutzt (z. B. Ammoniak als Grundstoff).

Gebundener Wasserstoff kann unter unter normalen Druck- und Temperaturbedingungen transportiert werden. Dadurch wird die Nutzung bestehender Infrastruktur möglich (LKW, Schiff, Bahn). Er ist besonders relevant für weite Strecken und Importe, weil Transport und Handling nahe an klassischen Flüssigkraftstoffen sind.

Umwandlung und Rückumwandlung von gebundenem Wasserstoff kosten Energie, Zeit und damit Geld, wodurch am Ende weniger nutzbare Energie ankommt.

Nutzung von Wasserstoff

Nach Erzeugung und Transport dient Wasserstoff in der Nutzung dann als Energiespeicher und Rohstoff: Er kann Energie bereitstellen (z. B. für Strom und Wärme) oder als Ausgangsstoff in der Industrie eingesetzt werden (z. B. Chemie). Besonders wichtig ist Wasserstoff dort, wo direkte Elektrifizierung schwierig ist – etwa bei hohen Prozesstemperaturen, in bestimmten Industrieprozessen oder bei schwer zu elektrifizierenden Transportanwendungen.

Brennstoffzelle – Wasserstoff zu Strom und Wärme
Eine Brennstoffzelle wandelt Wasserstoff und Sauerstoff direkt in Strom und Wärme um. Dabei entsteht als einziges Nebenprodukt reines Wasser. Im Kern jeder Brennstoffzelle wird Wasserstoff an der Anode in Protonen und Elektronen gespalten. Die Wasserstoffprotonen wandern durch einen Elektrolyten zur Kathode. Der Elektrolyt ist nicht elektrisch leitfähig, daher wandern die Elektronen über einen externen Stromkreis, wo sie elektrische Arbeit verrichten. Auf der Kathode verbinden sie sich dort mit den Protonen und Sauerstoff zu Wasser. In diesem Prozess wird elektrische Energie aus Wasserstoff und Luft erzeugt, dabei wird kein CO2 freigesetzt. Durch diese Eigenschaft haben Brennstoffzellenantriebe das Potential, fossile Antriebe klimafreundlich zu ersetzen.
Schematische Darstellung der Funktion einer Brennstoffzelle

Benötigt ein Prozess sehr hohe Temperaturen, kann der Wasserstoff auch klassisch als Brenngas verbrannt werden. Dabei verbindet sich der Wasserstoff mit Sauerstoff aus der Luft und es entsteht vor allem Wasserdampf, ohne CO2 auszustoßen. Anwendungsbeispiele sind das Härten von Metall oder die Glasproduktion. Hier ist ein direkter Ersatz von Erdgas möglich und häufig können die bestehenden Anlagen mit geringem Aufwand auf den Einsatz von Wasserstoff umgerüstet werden. Dies erleichtert den Umstieg auf klimafreundliche Alternativen zu Erdgas.

Wird Wasserstoff zur Wärmegewinnung für Hochtemperaturprozesse eingesetzt, können damit fossile Brennstoffe ersetzt werden. Hochtemperatur-Prozesswärme ist für viele energieintensive Branchen notwendig, z. B. Glas, Keramik, Papier und Teile der Metallverarbeitung.

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H2-Wandel: Modellregion Mittlere Alb – Donau – Ostwürttemberg

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