Zu Gast beim Ulmer Pionier der Energieautarkie

Norbert Unterharnscheidt hat sich mit seiner Firma e.systeme21 GmbH als beliebtes Exkursionsziel etabliert. Mit seinen 20 Mitarbeitern plant und installiert er seit zehn Jahren Photovoltaikanlagen. Doch nicht deshalb zieht sein Firmensitz im Ulmer Donautal immer mehr neugierige Besucher an. Die interessieren sich vor allem für eines: Wie hat der Ulmer Unternehmer es geschafft, seinen Firmensitz energieautark und klimaneutral zu machen?

Am Donnerstag hatte er mal wieder Gelegenheit, die Geschichte seiner ganz persönlichen Energiewende zu erzählen. Und die Teilnehmer der Veranstaltung „Statusseminar Wasserstoff – Fokus H2-Wertschöpfungskette“, die überwiegend aus dem tiefsten Bayern ins Ulmer Donautal angereist waren, zeigten sich begeistert. Eingeladen dazu hatten C.A.R.M.E.N  e.V. (das Centrale Agrar-Rohstoff-Marketing und Energie-Netzwerk), bayern innovativ, Ostermeier H2ydrogen Solutions und H2Süd e.V.

Doch zurück zu Norbert Unterharnscheidt und seiner Geschichte. Er kommt eigentlich aus dem Finanzbereich, aus der Betriebswirtschaft, erzählt er seinen Besuchern. Deshalb freut es ihn natürlich, dass er seit März energieautark ist und Stromrechnungen damit der Vergangenheit angehören. Doch seine Motivation war es auch, zu zeigen, wie ein Betrieb klimaneutral werden kann.
„Klimaneutral ist man erst dann, wenn kein anderer Energieträger in Einsatz kommt als erneuerbare Energie“, sagt er.

Für ihn als Photovoltaik-Installationsbetrieb stand natürlich fest, dass sein Energieträger das Sonnenlicht sein sollte. Die Krux aber ist: Die Sonne scheint nicht immer, und wenn sie scheint, liefert sie gerade im Sommer über die Photovoltaikanlage viel mehr Strom als der Betrieb selbst verwenden kann. Netzeinspeisung war für ihn – wie auch für die meisten seiner Kunden – keine Option.

Also musste eine Speicherlösung her. Klar war aber auch: „Es gab keine Lösung von der Stange.“  Nobert Unterharnscheidt suchte sich Partner für sein Pionierprojekt. Fündig wurde er unter anderem an den Hochschulen Ulm, Kempten und Biberach – und bei der Firma Ostermeier H2ydrogen Solutions, einem Hersteller von Elektrolyseuren.
Und dann ging es Schritt für Schritt in Richtung Energieautarkie: Zunächst verpasste er seinem Firmengebäude eine ordentliche Isolierung und erreichte dadurch die Energieeffizienzklasse KfW 70.  Dafür gab es auch Fördermittel – aber nur dafür, wie Norbert Unterharnscheidt betont.

Dann wurde gemessen und gerechnet: Wann verbraucht sein Unternehmen wieviel Energie und für was? Wie lässt sich diese Lastkurve der Produktionskurve seiner Photovoltaikanlage anpassen? Wieviel Energie bleibt übrig und muss gespeichert werden – und wo?

Herausgekommen ist ein energiestrategisches Gesamtkunstwerk bestehend aus:

⇒H2-Brennstoffzelle für Rückverstromung und Wärme
⇒H2-Dunkelstrahler als Hallenheizung
⇒10 kW-Elektrolyseanlage
⇒Wasserstoffspeicher
⇒3 Elektroladestationen (der Fuhrpark ist auf E-Mobilität umgestellt)
⇒neue wärmegedämmte Fassade
⇒80 kWp Photovoltaikanlage auf dem Dach und an der Fassade
⇒80 kWh Batteriespeicher
⇒Wärmepumpe
⇒Lüftungsanlage
⇒Fassadenbegrünung
⇒und eine Entsiegelung von Park- und Grundstücksflächen.

Alles in allem investierte der Unternehmer – ohne Kapitalkosten gerechnet – 1,3 Mio. €, davon 0,6 Mio. € allein für die Energie-Versorgung. Doch dafür bekommt er (auf kalkulatorischer Basis) seine Kilowattstunde Strom im Winter für ca. 40 Cent und im Sommer für ca. 10 Cent – und das dauerhaft. Obwohl, das mit dem Wörtchen „dauerhaft“ ist bei Norbert Unterharnscheidt so eine Sache.

Denn fertig ist er mit seiner Bastelei an seinem Energiesystem noch lange nicht. Im Lager wartet eine neue, effizientere Wärmepumpe auf den Einbau. Er will noch der Lastkurve arbeiten und die Speicherkosten senken. Die Steuerung für das Zusammenspiel aller Komponenten soll besser und die Kostenkalkulation überarbeitet werden… Sein Vorzeigeprojekt im Donautal soll noch vorzeigbarer werden.

Das langfristige Ziel seiner Mission:  Er will seinen Kunden eine Komplettlösung aus einer Hand anbieten, damit auch sie den Weg in die Energieautarkie und CO2-Neutralität schaffen.

Wasserstoff gehört in diesem Konzept als wichtiger Baustein dazu. „Im Gebäudesektor besteht eine hohe Chance, einen 100prozentigen Wirkungsgrad zu erreichen“, sagt der Unternehmer – allen Skeptikern zum Trotz. Allerdings sieht er die Einsatzmöglichkeit eher in Gewerbegebäuden und in neuen Wohnquartieren. Zum Nachrüsten von Wohngebäuden sei dieser Weg den meisten Hausbesitzern dann wohl zu teuer, meint Norbert Unterharnscheidt.

Wir als H2-Wandel sind gespannt darauf, wie sich das Projekt unseres Vereinsmitglieds weiterentwickelt. Wir halten Sie auf dem Laufenden!

 

Norbert Unterharnscheidt hält einen Vortrag über sein Pionierprojekt. Foto: Karen Emler/H2-Wandel

Norbert Unterharnscheidt hält einen Vortrag über sein Pionierprojekt. Foto: Karen Emler/H2-Wandel

So schön kann eine Fassade mit Photovoltaikelementen aussehen. Foto: Karen Emler/H2-Wandel

So schön kann eine Fassade mit Photovoltaikelementen aussehen. Foto: Karen Emler/H2-Wandel

Blick auf den Elektrolyseur., hier wird dank Sonnenenergie grüner Wasserstoff produziert. Foto: Karen Emler/H2-Wandel

Blick auf den Elektrolyseur., hier wird dank Sonnenenergie grüner Wasserstoff produziert. Foto: Karen Emler/H2-Wandel

Die Wärmepumpe als weiterer Baustein des Energiesystems. Foto: Karen Emler/H2-Wandel

Die Wärmepumpe als weiterer Baustein des Energiesystems. Foto: Karen Emler/H2-Wandel

Hier sitzt ein Teil der Steuerung. Foto: Karen Emler/H2-Wandel

Hier sitzt ein Teil der Steuerung. Foto: Karen Emler/H2-Wandel

Die neue Wärmepumpe wartet auf ihren Einbau. Foto: Karen Emler/H2-Wandel

Die neue Wärmepumpe wartet auf ihren Einbau. Foto: Karen Emler/H2-Wandel

In 300 Flaschen wird der Wasserstoff gespeichert - für die Zeiten der Dunkelflaute, also für den Winter. Foto: Karen Emler/H2-Wandel

In 300 Flaschen wird der Wasserstoff gespeichert – für die Zeiten der Dunkelflaute, also für den Winter. Foto: Karen Emler/H2-Wandel