Im Dialog mit Wasserstoff-Akteuren aus Bayern

Der Wasserstoff-Hochlauf ist kein Selbstläufer – weder hier bei uns in Baden-Württemberg, noch im Nachbarland Bayern. Dennoch gibt es erfreulicherweise viele Akteure, die sich den Herausforderungen stellen und den Aufbau eines Wasserstoff-Ökosystems vorantreiben. Dieses Fazit haben wir als Gast des Länderdialogs Wasserstoff Baden-Württemberg Bayern mitgenommen, der gestern in den Räumen des ZSW in Ulm stattfand.

Dieses Format, das dankenswerterweise vor zwei Jahren von der Plattform H2BW und dem Zentrum Wasserstoff.Bayern H2.B auf die Schiene gesetzt worden ist, diente dieses Mal für den Austausch über die Frage: „Wasserstoffmobilität für schwere Nutzfahrzeuge – Wie kann sie gelingen?“. Vertreter der Transport- und Logistikbranche beider Länder, aber auch aus anderen Teilen Deutschlands, stellten ihre Aktivitäten dar und diskutierten, welche Hemmnisse überwunden werden müssten, damit der Hochlauf schneller erfolgen könnte. Denn der geht angesichts des fortschreitenden Klimawandels und der ehrgeizigen Klimaziele viel zu langsam voran, darin waren sich die Akteure einig. Auch die Wünsche an die Politik waren rasch und einstimmig formuliert: Mehr Verbindlichkeit, mehr Planbarkeit, mehr Rückhalt. Immerhin gab es einen kleinen Lichtblick aus Richtung Berlin: Johannes Daum, Bereichsleiter Wasserstoff, alternative Kraftstoffe und Brennstoffzelle in der bundeseigenen Gesellschaft NOW, versicherte: Trotz strategischer Neuausrichtung beziehungsweise Rückbesinnung auf den Fokus E-Mobilität bleibe auch das Thema grüner Wasserstoff weiter im Blickfeld der Bundesministerien.

Was es sonst so gab? Eine ganze Menge! Hier ein paar Stichpunkte zu den Akteuren des Länderdialogs:

Dr. Volker Banhardt von der e-mobil.BW GmbH stellte die Ergebnisse der Bedarfserhebung Wasserstoff & Strom für die Logistik in Baden-Württemberg vor, die die landeseigene Gesellschaft gemeinsam mit Logistik- und Speditionsverbänden im Land durchgeführt hat. Fazit: Der Wasserstoffbedarf der Unternehmen wird auf dem Sektor der Nutzfahrzeugklassen N3 (mehr als 12 t)  in den kommenden Jahren extrem zunehmen. Entsprechend wichtig ist der Aufbau der zugehörigen Infrastruktur.

Die Perspektive der Anwender Logistiker und Spedition beleuchtete ein spannendes Panel unter der Moderation von Fabian Pfaffenberger von H2.B. Mit dabei waren Assessor Sebastian Lechner vom Landesverband Bayerischer Transport – und Logistikunternehmen, Stefan Raum von der Spedition Amm in Nürnberg, Viktoria Wessel von Noerpel SE in Ulm sowie Hans-Günther Schwarz von der Schwarz Logistcs Group in Herbrechtingen. Das Interesse an Nachhaltigkeit ist da, entsprechende Strategien werden auch entwickelt, doch mangelnde Kalkulierbarkeit der Kosten und fehlende Infrastruktur dämpfen die Stimmung und damit den Pioniergeist gewaltig. Stefan Raum brachte die Dringlichkeit des Themas so auf den Punkt: „Wir sind zu langsam im Hochlauf, aber wir haben nur eine Erde.“

In einer Pitchrunde stellten Stefanie Jacobie von der Keyou GmbH in München, Otto Uhlhorn von H2-Green Power & Logistics aus Münster sowie Max Nastold von der Kazenmaier Leasing GmbH aus Karlsruhe diverse Betreibermodelle Pay-Per Use vor. Fazit: Es gibt viele Möglichkeiten, um auszuprobieren, ob und wie Fahrzeuge mit Brennstoffzellenantrieb für den eigenen Fuhrpark sinnvoll einzusetzen sind.

Mit technischen Herausforderungen und Anwendungsbeispielen setzte sich der zweite Block der Veranstaltung am Nachmittag auseinander. Die sachkundige Moderation übernahm Isabell Knüttgen von der Plattform H2BW.

Über H2-Hubs und Erzeugung vor Ort als Ergänzung der pipelinegebundenen Infrastruktur referierten Maike Schmidt vom ZSW Stuttgart und Dr. Tobias Brunner von der Hynergy GmbH aus Grasbrunn. Aus Sichr der H2-Wandel Modellregion Grüner Wasserstoff Baden-Württemberg besonders spannend war die Gegenüberstellung der Kosten für grünen Wasserstoff aus unterschiedlichen Herkunftsgebieten, die Maike Schmidt vorlegte. Im Vergleich mit Chile, Spanien, (Nord-)Deutschland hielt Baden-Württemberg als Erzeugerland mit einem Endpreis von 5,14 Euro pro Kilogramm gut mit: Nicht die günstigste Variante, aber auch nicht die teuerste. Tobias Brunner lieferte einen Einblick in das Wasserstoff-Ökosystem, das sein Unternehmen etabliert hat und das inzwischen als Anschauungsobjekt eine große Anziehungskraft auch gegenüber Politikern entwickelt hat. Sein Fazit: „Wir stehen vor einem Boom von grünem Wasserstoff.“ Sein Konzept: „Wir spielen mit dem Strommarkt.“ Der Elektrolyseur wird mit Strom vom Strommarkt bei Negativpreis betrieben, der PV-Strom wird ins Netz eingespeist, wenn es dafür gutes Geld gibt.

Das Panel zur Frage „Technologien: Wo stehen wir, was sind die Hürden?“ moderierte Dr. Volker Banhardt. Darüber diskutierten Stefanie Jacobie von Keyou (München), Peter Ochsenkiel von der Paul Nutzfahrzeuge GmbH (Vilshofen an der Donau), Florian Brandau von der Enginius GmbH (Bremen) und Falko Oertel von der FES GmbH Fahrzeug-Entwicklung (Zwickau). Fazit der Runde: Die Technologie ist schon weiter als viele Akteure denken, und die typischen Kinderkrankheiten sind gut in den Griff zu bekommen.

Zum Abschluss ging es anhand von Praxisbeispielen um lokale Ökosysteme und die Frage, wie man von der Förderung in die Wirtschaftlichkeit kommt. Cara Schwark-Fiedler stellte das ÖPNV-Projekt von H2Rhein-Neckar vor, Nils Haack von der Aschaffenburger Versorgungs GmbH sprach über die Umstellung des kommunalen Fuhrparks auf alternative Antriebe. Unter anderem gibt es Müllabfuhr mit Brennstoffzellen-Fahrzeug. Fazit: Kinderkrankheiten gibt es noch und die müssen auch eingeplant werden in der Fuhrparkstrategie. Aber, wenn es läuft, dann läuft es richtig gut – und geräuscharm. So geräuscharm, dass sich die Bewohner in Aschaffenburg neuerdings darüber beschweren, dass die Mülleimer bei der Leerung so laut klappern… 😉 Das Geräusch hatte bei konventionell angetriebenen Müllfahrzeugen der Motor übertüncht.

Alles in allem eine spannende Veranstaltung, die Herausforderungen nicht unter den Tisch kehrte, aber auch Ansätze für mögliche Lösungen aufzeigte.

Wir von H2-Wandel sagen den Initiatoren herzlichen Dank für die Einladung und das tolle Programm und natürlich auch dem ZSW-Hausherrn Prof. Markus Hölzle, der auch Vorstandsvorsitzender von H2-Wande ist,  für die Gastfreundschaft samt Möglichkeit, die HyFab zu besichtigen.