Turbine und Elektrolyseur für THU-Energiepark

Schon die Ankündigung klang ausgesprochen spannend: Am 27. März sollte an der Technischen Hochschule Ulm (THU) die bundesweit erste Gasturbine aufgebaut werden, die im Regelbetrieb zu 100 Prozent mit Wasserstoff – und zwar mit grünem Wasserstoff betrieben wird. Damit nicht genug: Die Turbine reiste auch noch über Nacht von Genua aus über die Alpen an. Ein weiter Weg für sperrige Objekte.

Doch der rote 100-Tonnen-Mobilkran samt 60-Meter-Ausleger, der am Mittwoch weithin sichtbar auf dem Gelände der THU auf dem Ulmer Eselsberg stand, signalisierte sofort: Die Reise ging gut, die Turbine wurde am Vormittag ordnungsgemäß ausgeladen. Damit nicht genug: Die Turbine – übrigens eine Mikrogasturbine des Typs Ansaldo AE-T100 – bekam am selben Tag noch Gesellschaft. Die Firma Ostermeier H2ydrogen Solutions lieferte einen 20-KW-Elektrolyseur an.

Die Gasturbine hat es von Genua nach Ulm geschafft - über Nacht über die Alpen. Foto: H2-Wandel

Die Gasturbine hat es von Genua nach Ulm geschafft – über Nacht über die Alpen. Foto: H2-Wandel

Was die THU mit den beiden Anlagen anfangen will? Turbine und Elektrolyseur sind die beiden letzten Bausteine für den Energiepark der THU, der seit 2022 am Campus Albert-Einstein-Allee in der Wissenschaftsstadt auf dem Ulmer Eselsberg entsteht. Die THU erforscht darin, wie verschiedene nachhaltige Energiesysteme im Zusammenspiel funktionieren können. Das wiederum ist eine Voraussetzung dafür, dass die Energiewende gelingt.
Photovoltaik auf den Institutsdächern liefert den Strom. Um in Zeiten von Überschuss den Strom für Tage ohne Sonneneinstrahlung zu speichern, hatte die THU in einem ersten Schritt im Februar 2023 einen Batteriespeicher etabliert. Mit den „388 kWh Speicherkapazität könnten ein Einfamilienhaus mit 4 Personen gut einen Monat versorgt oder 10E-Fahrzeuge geladen werden“,  hieß es dazu in der Pressemitteilung. Der Energiepark bekam auch noch Photovoltaik-Carports mit 24 Ladepunkten dazu und wird nun um ein Wasserstofflabor mit Elektrolyse, Brennstoffzelle und Gasturbine aufgestockt.

Professor Renze freut sich über den Ausbau des Energieparks an der THU. Im Hintergrund der Wasserstoffspeicher, der zum Elektrolyseur gehört. Foto: H2-Wandel

Professor Renze freut sich über den Ausbau des Energieparks an der THU. Im Hintergrund der Wasserstoffspeicher, der zum Elektrolyseur gehört. Foto: H2-Wandel

Alles in allem sei der Ausbau des Energieparks „ein Glücksfall“ für die THU, sagt Professor Peter Renze, Institutsleiter am Institut für Energietechnik an der THU Ulm, und zwar in mehrfacher Hinsicht:

  • Erstens ist die Ausstattung der THU nun auf der Höhe der Zeit, was wiederum den Studierenden zugute kommt.
  • Zweitens hatte die THU beide Projekte – die Gasturbine und den Elektrolyseur – parallel als Förderprojekte beantragt und bekam beide fast zeitgleich genehmigt. Der Elektrolyseur wird über das H2-Wandel-Leuchtturm-Projekt H2-Grid gefördert, die Gasturbine über das Projekt HydrogREenBoost, das sich um die Entwicklung großtechnischer Optionen zum Einsatz von grünem Wasserstoff kümmert, mit dem Ziel, bestehende Strom-Übertragungsnetze höher auslasten zu können. Von grünem Wasserstoff spricht man dann, wenn der dafür eingesetzte Strom aus Erneuerbaren Energien stammt.
  • Drittens waren bei beiden Komponenten die Lieferzeiten überschaubar, es kam nur zu geringfügigen Verzögerungen. Lediglich die Suche nach einem Hersteller gestaltete sich beim Elektrolyseur schwierig: „Das Anbieterfeld in diesem Größensegment ist sehr klein“, sagt Professor Renze.
  • Und viertens hat die THU mit dem Energiepark nun die Möglichkeit, die Bausteine zur Energiewende sichtbar zu machen. Es gibt ein Medienzentrum, das auf dem blauen Container-Komplex thront, in dem – quasi im Erdgeschoss –  auch das Wasserstofflabor, der Elektrolyseur und die Brennstoffzelle untergebracht sind. ,„Wir wollen es für die Bürgerinnen und Bürger erlebbar machen, wie das Zusammenspiel unterschiedlicher Energiesysteme und -speicher funktioniert“, sagt Professor Renze. Doch zunächst stehen noch einige Arbeiten an, bis Elektrolyseur und Turbine gegen Ende des 4. Quartals in Betrieb gehen können, berichtet Renze.

Unser H2-Wandel-Leuchtturm-Projekt H2-Grid, an dem sich auch Partner aus der Region Reutlingen-Tübingen maßgeblich beteiligen, kümmert sich übrigens um die Erforschung der Netzdienlichkeit dezentraler Elektrolyseure. Was sich hinter diesem sperrigen Begriff der „Netzdienlichkeit“ verbirgt, erklärt Professor Renze so: „Grüner Strom steht zeitweise in Überschuss zur Verfügung.“ Dann müssen Anlagen abgeschaltet werden, weil das Netz die Lasten nicht aufnehmen kann. Elektrolyseure könnten als Puffer dienen, um überschüssigen Strom in Form von Wasserstoff zu speichern. Doch wie gut vertragen es Elektrolyseure, wenn sie kurzfristig immer wieder an- und abgeschaltet werden? Wie langlebig sind die Komponenten? Wie wirkt sich diese Art des flexiblen Einsatzes auf die Leistung aus? Das wollen die H2-Grid-Beteiligten herausfinden: „Wir wollen praktische Erfahrung sammeln.“

Hier noch ein paar Impressionen der Baustelle:

Der rote Kran hievte Gasturbine und Elektrolyseur in den Energiepark. Foto: H2-Wandel

Der rote Kran hievte Gasturbine und Elektrolyseur in den Energiepark. Foto: H2-Wandel

Der blaue Container-Komplex enthält im Bauteil rechts unten den Elektrolyseur, daneben entsteht das Wasserstofflabor - und oben thront das künftige Medienzentrum. Foto: H2-Wandel

Der blaue Container-Komplex enthält im Bauteil rechts unten den Elektrolyseur, daneben entsteht das Wasserstofflabor – und oben thront das künftige Medienzentrum. Foto: H2-Wandel

Ein Blick in den Wasserstoff-Speicher auf der Rückseite des Elektrolyseurs. In die 32 Flaschen passen 15 kg H2. Foto: H2-Wandel

Ein Blick in den Wasserstoff-Speicher auf der Rückseite des Elektrolyseurs. In die 32 Flaschen passen 15 kg H2. Foto: H2-Wandel

Das THU-Gebäude mit nebenstehendem Ladepark für E-Mobilität. Foto: H2-Wandel

Das THU-Gebäude mit nebenstehendem Ladepark für E-Mobilität. Foto: H2-Wandel